6 Monate Muli-Training

Ziemlich genau ein halbes Jahr ist der kleine Muli-Mann nun schon bei mir, höchste Zeit mal zurück zu blicken und ein bisschen die Entwicklung zusammen zu fassen!

Grundsätzlich muss man sagen, dass er ganz anders ist, als alle Pferde mit denen ich bisher gearbeitet habe und demnach auch ganz anders, als meine beiden Ponys. Vieles ist wohl „typisch Muli“, aber ich denke man muss ihn auch einfach als Individuum betrachten und nicht alles auf seine Gene schieben. Er ist das erste und bisher auch einzige Muli mit dem ich arbeite, daher habe ich auch keinen persönlichen Vergleich.

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Als Trylle zu mir kam, war er sehr scheu. Der Vorbesitzer riet mir, die ersten Wochen dauerhaft eine Longe am Halfter zu lassen. Ich hab es für übertrieben gehalten und vor allem auch für viel zu gefährlich. Aber er behielt erstmal sein Halfter an und kam in einen Einzelpaddock mit Unterstand. Schon am nächsten Tag hab ich diese Entscheidung in Frage gestellt, denn man kam nicht mehr an ihn heran. Mit viel Ruhe und Geduld ließ er sich anlocken, griff man aber ins Halfter, war es aus. Er bekam die blanke Panik und riss sich sofort los.

Also übten wir erstmal sich in Ruhe an der Nase anfassen zu lassen. Das ist ihm auch nach wie vor die liebste Stelle zur ersten Kontaktaufnahme. Er dreht sich frontal zu einem und lässt sich immer zuerst an der Nase berühren. Nachdem das besser klappte zog ich ihm am nächsten Tag das Halfter vorsichtig aus. Es schnitt ins Fell ein und wie ich gemerkt hatte, brachte es uns auch nicht wirklich weiter, dann kann man die Gefahr auch eliminieren und es ausziehen.

Mit ganz viel Ruhe übten wir dann das anfassen am Kopf, sowie das Halftern. Das Halfter wird dazu im Genick aufgemacht, damit es nicht über die Ohren gezogen werden muss. So konnte ich ihn recht schnell überzeugen, dass man sowas auch als Muli überlebt und die große weite Welt nur mit Halfter zu erkunden ist. Er hatte aber immer wieder Tage, an denen wir viele Anläufe brauchten, bis er sich halftern ließ.

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Noch heute gibt es Tage an denen es nicht direkt beim ersten Mal bei mir klappt. Aber sie werden weniger! Nachdem ich ihn recht zuverlässig halftern konnte, durfte er auch endlich Faxe kennen lernen. Der Paddock wäre mir zu eng gewesen dafür, daher musste ich sicher sein, dass ich ihn auf den Platz bringen kann und noch wichtiger, dort auch wieder eingesammelt bekomme!

Die beiden Jungs haben sich von Anfang an super verstanden. Sie spielten vom ersten Tag an zusammen und sind bis heute ein tolles Team geworden. Das passt wirklich mega gut zusammen. Nach der ersten Begegnung verfrachtete ich Faxe wieder zurück zu Merlin in den Stall und konnte Trylle nach einiger Zeit auch wieder überreden sich halftern zu lassen. Für ihn ging es zurück in seinen Stall.

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Er war sehr unglücklich alleine. Klar, um ihn herum standen immer Pferde, aber eben nicht direkt bei ihm drin. Einige Tage hab ich die beiden Kleinen daher immer zusammen auf den Platz gelassen und dann schließlich Merlin dazu. Ich hatte etwas Sorge, natürlich. Er ist ja doch deutlich größer, aber ganz lieb mit fremden Pferden, allerdings auch sehr eifersüchtig bei Faxe.  Ich holte ihn also mit dazu auf dem Platz. Es wurde sich kurz beschnuppert, Trylle quietschte und haute drei Mal in die Luft nach Merlin und das Thema war durch. Die ersten Tage ist Trylle etwas vor ihm weggelaufen und wollte ihn nicht näher als 1m in seiner Nähe haben, aber auch das war schnell weg und sie kraulten Fell zusammen.

Seitdem wohnen sie zu dritt zusammen im Stall und Trylle ist deutlich zufriedener. Allerdings klebt er auch recht stark an ihnen und ist sehr gestresst, wenn einer von beiden weg ist. Wenn Beide weg sind, wird er sehr unruhig und ruft viel nach ihnen. Obwohl nach wie vor direkt nebendran andere Pferde stehen, die er auch kennt. Aber das ist eben nicht seine Herde.

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Nachdem das Halftern recht gut klappte, fingen wir mit dem Führen an. Das klappte lustiger weise ziemlich gut, solange er hinter mir laufen durfte. Er war sehr auf einen Mindestabstand von 1m zum Menschen bedacht. Das ist er bei Fremden bis heute! Er kann Nähe nur sehr schwer ertragen. Ich fing an mit ihm spazieren zu gehen und ihm die Welt zu zeigen. Er ist recht unerschrocken dabei und seit ich eine Gerte mitnehme, läuft er auch problemlos neben mir. Die Gerte wurde noch nie benutzt, sie ist einfach nur dabei und erinnert ihn daran, nicht so zu trödeln.

Es macht ihm zum Glück gar nichts aus, etwas mit mir alleine zu unternehmen. Da ist er ganz entspannt bei. Gleichzeitig fingen wir mit etwas Freiarbeit auf dem Platz an. Er folgte mir recht schnell auch frei und wir konnten miteinander spielen. Langsames Tempo, schnelles Tempo, plötzliche Wendungen usw. Er hat wirklich Freude daran und taute damit nochmal deutlich auf. Damit habe ich nochmal einen viel besseren Zugang zu ihm bekommen.

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Das Anbinden war zum Glück nie ein Problem für ihn, putzen fand er dagegen ganz furchtbar. Klar, da kann man keinen Abstand halten und wird angefasst. Er hat es recht schnell akzeptiert, solang es nur Hals und Rücken war. Der Bauch war tabu, die Beine auch und Schweif und Kopf sowieso! Ganz schlimm fand er es, wenn es ausversehen mal etwas geziept hat, bei dem langen Winterfell passiert das leider manchmal. Ich blieb dran und es wurde immer und immer besser. Mittlerweile zappelt er zwar manchmal noch ein bisschen herum dabei, aber ich kann zumindest den ganzen Körper abbürsten bis auf Kopf und Schweif und er steht am lockeren Strick und hält nicht mehr die Luft an.

Hufe auskratzen war auch ein kleines Drama. Ich frage mich, wie sie ihm vorher die Hufe gemacht haben. Er hat versucht dabei zu treten, zu steigen oder sich hinzulegen. Also fingen wir dabei ganz von vorne an. Das Bein antippen wurde zum Zeichen es selbstständig zu heben. Danach wurde anfassen vom Huf geübt usw. Alles wie immer in ganz viele kleine Schritte zerlegt. Mittlerweile klappt das zuverlässig sehr gut und entspannt, wenn er am Putzplatz angebunden ist.

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Allerdings auch ausschließlich von mir leider. Bisher konnte mein Schmied nicht an ihn heran, er hat noch zu große Angst vor ihm. Ich übe es nun immer, wenn er bei uns ist. Trylle darf dann dabei stehen und zuschauen und bekommt ein paar Leckerlis von ihm. Als nächste Schritte werde ich nun anfangen ihm Hufbock und Raspel zu zeigen und ihn erstmal selbst damit bekannt machen. Zum Glück hat er sehr gute und robuste Hufe!

Um am Boden ein bisschen Abwechslung rein zu bringen, habe ich das Longieren dazu genommen. Anfangs mit Faxes Kappzaum, recht bald hat er aber einen eigenen bekommen. Damit kommt er gut zurecht und er lässt ihn sich auch brav anziehen, solang man ihn ebenfalls im Genick aufmacht, damit er nicht über die Ohren gezogen werden muss. Er brauchte nicht lang, um es zu verstehen. Sachen mit Distanz liegen ihm ja sowieso mehr. So zog er recht bald seine ersten Schrittrunden an der Longe um mich herum. Natürlich waren am Anfang so Sachen wie stehen bleiben oder lossprinten und buckeln dabei. Das war bei Faxe aber damals auch nicht anders gewesen.

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Im Trab fällt es ihm deutlich schwerer die Kurve zu bekommen. Da arbeiteten wir anfangs so, wie er es angeboten hat, also oftmals ganze Bahn. Langsam fragte ich immer mal wieder nach ein bisschen Stellung und Biegung, zuerst im Schritt, dann auch im Trab. So bekommt er die Kurve nun meist ganz gut und es wird ein Zirkel. Er hat sehr wenig Kondition, obwohl er so viel mit Faxe spielt. Daher sind schon wenige Runden Trab meist genug für ihn. Langsam aber doch sehr zuverlässig geht es also weiter an der Longe.

Nachdem sich die drei nun super verstanden haben, kam ein weiteres Problem in den Vordergrund. Die Koppel. Normalerweise sind die beiden Ponys immer noch zusätzlich tagsüber raus gebracht worden. Aber bekommt man den Muli-Mann dort auch wieder eingesammelt? Ich riskierte es schließlich, irgendwie wird es schon klappten dachte ich. Und ich wurde belohnt! Er ließ sich ganz artig aufhalftern und wieder mit rein nehmen, sofern die anderen beiden vorher schon ihr Halfter an bekommen haben. Mit mir geht er immer artig rein und raus. Klar gab es auch mal Tage, an denen ich zwei Anläufe brauchte mit dem Halfter, aber es klappt ganz zuverlässig immer.

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Allerdings eben nur bei mir, was heißt, dass ich jeden Tag zwei Mal hin musste zum raus und rein bringen. Dabei habe ich meine Ponys nicht ohne Grund in einem Stall eigestellt, wo das eigentlich übernommen wird. Also übte ich mit der Stallbesitzerin, dass er auch sie akzeptiert. Recht schnell konnte sie ihn zum Glück ebenfalls halftern und so kann sie die raus und rein Dienste nun wieder übernehmen. Zumindest in den meisten Fällen. Leider kam es auch schon vor, dass er an manchen Tagen so gar nicht mit ihr kooperieren wollte. Da fahre ich dann doch noch hin, bei mir klappt es dann wieder zuverlässig.

Ich hoffe natürlich, dass er auch bei anderen zuverlässiger wird und wir haben auch noch keinen Auslöser gefunden, wann er komisch ist und wann er ganz normal mitmacht. Als nächstes möchte ich anfangen die anderen Leute im Stall mit ihm vertraut zu machen, sowie alle anderen die ein bisschen Geduld mitbringen. Er soll einfach lernen, dass Menschen ihm nichts tun und er da ein bisschen flexibler werden darf, wer ihn anfassen kann. Man halftern ihn übrigens immer noch wie von Anfang an, frontal von vorne das Halfter über die Nase schieben und dann den Genickriemen hinter dem Kopf entlang führen und schließen. Ausziehen kann man das Halfter aber schon „normal“ über die Ohren mittlerweile!

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Da Führen und Longe bereits gut klappen, hat er nach und nach weitere kleine Sachen kennen gelernt. Stangen hat Faxe ihm beim Freilauf auf dem Platz gezeigt, die sind seitdem auch kein Problem für ihn. Dualgassen hat er letzten zum ersten Mal gesehen und nach einiger Überlegung auch für ganz ok befunden. Er braucht bei sowas immer sehr viel Ruhe und muss das Tempo selbst bestimmen dürfen. Man sieht ihm wirklich an, wie sein Kopf rattert und er dann schließlich ganz mutig zwei Schritte darauf zu macht. Aber das ist vollkommen in Ordnung und so kommen wir auch sehr gut miteinander zurecht.

Auch habe ich angefangen ein bisschen Kopfarbeit zu machen. Er hat das Lachen auf Kommando gelernt und die ersten Ansätze zum Spanischen Gruß bzw. Spanischen Schritt. Diese Sachen präsentiert er auch ganz stolz immer wenn er den Kopf frei hat. So ist es zum Beispiel ein eindeutiges Zeichen wenn er nicht mehr mit gesenktem Kopf geistesabwesend vor der Dualgasse parkt, sondern anfängt mit seiner Lippe rumzualbern. Dann ist das verarbeitet und wir können weiter machen.

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Das Podest lief auch so ab, er hatte anfangs großen Respekt davor, nach 3 Einheiten damit klettert er nun immer drauf, sobald wir in die Nähe kommen und kaspert fröhlich darauf herum. Was er einmal gelernt hat, das merkt er sich auch für immer. Bei vielen dieser Sachen kann man wirklich dort weitermachen, wo man letztes Mal aufgehört hat. Manchmal hat er sogar selbst nochmal einen riesen Fortschritt im Angebot beim nächsten Mal. Nur diese Alltagssachen wie Putzen und Halftern sind immer noch nicht selbstverständlich für ihn.

Die letzte Zeit habe ich ihm den Deckengurt gezeigt. Erstmal nur in Ruhe anschauen und beschnuppern, dann damit berührt werden und schließlich um den Bauch tragen. Anfangs ganz locker eingestellt, dann ein bisschen enger, damit er stabil sitzt. Natürlich fand er es immer mal wieder etwas gruselig, aber er macht da ganz begeistert mit! Ich hab es immer auf dem Platz geübt, damit er im Fall der Fälle frei gemacht werden könnte, um sich zu bewegen. Ich wusste nicht, was mich erwartet, wenn er ihn schließlich um den Bauch bekommt. Ich hätte auch mit hinwerfen oder buckeln gerechnet. Aber es passierte nichts. Er stand damit ganz normal herum und lief dann auch an der Longe ganz normal in Schritt und Trab damit.

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Heute habe ich ihn nun zusätzlich mit einer Schabracke bekannt gemacht. Gleiches Spiel wie immer, in ganz kleine Schritte zerlegen und aufhören, wenn er nicht mehr kann oder mag. Es ging aber ganz zügig, nachdem er gemerkt hat, dass ihn die Schabracke nicht frisst, wenn sie ihn berührt war der Rest gar kein Ding mehr. Schabracke auf den Rücken, bekannter Gurt drum. Reaktion? Nichts! Ein paar Runden an der Longe, alles wie immer für ihn.

Ich kann also auch nach einem halben Jahr noch nicht zuverlässig einschätzen, was er schlimm findet und was kein Problem ist. Daher wird erstmal alles vorsichtig angetestet und dann auf sein Verhalten angepasst reagiert. Mir ist es super wichtig, ihn nicht zu überfordern oder zu sehr zu stressen! Er zeigt einem aber sehr gut, wenn es ihm zu langweilig wird. Wie zum Beispiel beim Podest damals. Mein nächster Schritt wäre gewesen, dass er es mit der Nase berührt. Das tat er auch, kletterte dann aber direkt mit beiden Füßen drauf, als wäre es selbstverständlich. Sowas gibt dann ein großes Lob und wir gehen aus der Situation wieder heraus.

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Ich belohne ihn mit kleinen Futterstücken und gleichzeitig auch immer mit Ruhe. Wir gehen aus der Situation heraus, er darf in Ruhe drüber nachdenken, sich wälzen, grasen gehen oder wir hören ganz auf. So funktioniert es super mit ihm.

Ich könnte noch so viel von ihm und seiner Entwicklung erzählen, aber der Text ist so schon sehr lang geworden. Insgesamt ist es wirklich spannend mit ihm zu arbeiten und eine echte Herausforderung. Man lernt unglaublich viel dabei und er scheint eine feste Bezugsperson zu brauchen. Wenn ich in den Stall komme, begrüßt er mich oft schon mit einem brummeln und schreit mir hinterher, wen ich erst noch in der Sattelkammer sein Halfter holen muss. Die anderen beiden freuen sich zwar auch wenn ich komme, aber sie sind bei weitem nicht so fixiert auf mich. Trylle würde nie einfach weiter fressen oder sowas, wenn ich da bin. Er schaut immer ganz genau, was ich mache.

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Ich möchte ihn in nächster Zeit gerne ein bisschen sportlicher arbeiten. Längere Spaziergänge, Klettern, ausgiebiger Longieren stehen da zum Beispiel auf dem Plan. Außerdem wollen wir schauen, ob er als Handpferd mit ins Gelände gehen kann. Er wird weiter an Schabracke, Gurt usw. gewöhnt werden und ich hoffe, dass wir mal zum Fahren vom Boden kommen werden.  Aber wir haben Zeit und ich werde schauen, woran er Spaß hat und wie er sich entwickelt.

Sein Sommerfell wächst im Moment an der Brust schon fleißig nach, dort war er ein bisschen rasiert vom Tierarztbesuch und hatte sich durch die Haarlinge am Anfang viel weg geschubbert. Der Rest vom Pelz ist noch hartnäckiges Winterfell. Ich bin gespannt wie er im Sommerfell aussehen wird!

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Spannend wird es jetzt nochmal, wenn sie dann auch endlich ein bisschen auf das Gras dürfen. Da wird er sicher nicht mehr so unkompliziert von wegzuholen sein, aber auch dafür werden wir dann eine Lösung finden!

3 Gedanken zu “6 Monate Muli-Training

  1. […] will ich endlich versuchen ihn als Handpferd mit Merlin zusammen mit ins Gelände zu nehmen. Ich glaube es würde ihm wirklich Spaß machen und […]

  2. […] ist ja schon etwas länger her, dass ich euch ausführlich über die Zusammenarbeit mit Trylle berichtet habe, daher gibt es heute mal ein kleines Update. Zumal ich das Gefühl habe, wir haben […]

  3. Veronika Jahnke

    Danke für diese interessante schilderung. Mir gefallen mulis sehr. Mach weiter so mit deinem Schatz.☺☺☺☺

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