Gastbeitrag von Jasmin Götz:
Vor knapp 3 Jahren lernte ich das deutsche Reitpony Winne kennen. Dass er mein komplettes Leben verändern würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Man sah auf den ersten Blick, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Er hatte ganz langes, zottiges Fell, schwitze am ganzen Körper und hatte unübersehbar bereits mehrere Reheschübe hinter sich, so dass ihm das laufen sichtlich schwer viel.
Damals sollte ich Winne als Reitbeteiligung übernehmen. An reiten war gar nicht zu denken. Als erstes rief ich einen Tierarzt, da dies bisher leider ein Fremdwort für ihn war. Die Tierärztin sah Winne und war erschrocken über seinen Zustand. Sie hatte sofort einen Verdacht. „Cushing“. Bisher hatte ich noch nie davon gehört… Die Tierärztin nahm also Blut ab und schickte es ins Labor. Wenige Tage später hatten wir das Ergebnis. Winne leidet an Cushing. Jedoch war der Wert so hoch, dass es ein Wunder war, dass er noch so da stand. Ich wurde also vor die Wahl gestellt. Den Rest seines Leben teure Medikamente und Behandlungen zu bezahlen, für ein Pferd, das ich gerade Mal ein paar Tage kannte oder einschläfern lassen.
Irgendetwas sagt mir, dass dieses Pferd es verdient hatte, nach allem was er in der Vergangenheit durchmachen musste, wenigstens noch ein paar schöne Jahre seine wohlverdiente Ponyrente genießen zu dürfen.
Ich entschied mich für die Behandlung….
Aber was genau ist eigentlich dieses „Cushing“?
Ich will versuchen, es euch mit so wenig “fach-chinesisch“ wie möglich zu erklären:
Bei Cushing handelt es sich um eine Erkrankung der Hirnanhangdrüse, diese ist unter anderem für die Produktion des wichtigen Hormons ACTH verantwortlich und dieses “befiehlt” der Nebennierenrinde die Ausschüttung von Cortisol (Stresshormon- böses Hormon!).
Bei Pferden mit ECS (Equines Cushing Syndrom) entsteht durch den Mangel an Dopamin (das ist ein wichtiger Botenstoff des Nervensystems) in der Hirnanhangdrüse ein gutartiger Tumor (Adenom) und es kommt zu einer ungehemmten Überproduktion von ACTH, Cortisol und einigen weiteren Hormonen.
Also auf Deutsch: Das Gleichgewicht der Hormone gerät außer Kontrolle und es entwickelt sich mit vielen verschiedenen Symptomen das Krankheitsbild des Equinen Cushing Syndroms.
Hier einige Symptome die dadurch auftreten können:
- Eines der wohl auffälligsten Symptome ist das „struppige“ Fell. Durch die Stoffwechselstörung wechselt das Fell nur langsam und unvollständig, deshalb wirkt es „struppig“. Das kann man auf den Bildern an Winne ganz gut erkennen (Das war bevor er auf Cushing behandelt wurde)
- Hufrehe
- Apathie, Bewegungsunlust und Leistungsschwäche
- Das Immunsystem ist geschwächt und das Pferd erkrankt leicht an anderen Infektionen
- Das Pferd hat an ungewöhnlichen Stellen Fettdepots, typisch für Cushing ist beispielsweise die Fettablagerung um die Augenpartie oder der sogenannte Fetthals
- Gewichtsverlust
- Es können zusätzliche Erkrankungen auftreten, beispielsweise Diabetes mellitus beim Pferd
- Störungen beim Sehen bis hin zur Blindheit
- Muskelabbau und Abmagerung(oft mit Senkrücken und Hängebauch)
- Schwitzen ohne Belastung
- Übermäßiges Trinken und Wasserlassen
- Huflederhautentzündung und –abszesse
- Schlechte Wundheilung
Winne litt zum damaligen Zeitpunkt an so ziemlich allen Symptomen.
Cushing ist eine chronische Krankheit, man kann sie also nicht heilen aber behandeln. Es gibt Tabletten Namens Prascend (sie enthalten den Wirkstoff Pergolid). Dieser Wirkstoff wird in der Humanmedizin für Parkinson-Patienten angewendet. Leider sind die Medikamente sehr teuer und das Pferd braucht es meist bis an sein Lebensende um möglichst symptomfrei zu bleiben.
Bei Pferden die an Cushing leiden, ist es sehr wichtig, vom Tierarzt regelmäßige Kontrollen durchführen zu lassen. Hierbei wird Blut genommen um den ACTH-Wert zu kontrollieren. Das erste Mal 6 Wochen nach Behandlungsbeginn, dann nach 12 Wochen. Je nachdem wie der Wert ausfällt, wird die Dosis der Tabletten angepasst.
Danach sollte ca. alle 6 Monate eine Kontrolle vom Tierarzt anhand der Symptome und der Laborwerte durchgeführt werden.
Was ihr außer den Medikamenten tun könnt:
- Regelmäßige Hufpflege (bei uns z.B. alle 4 Wochen durch eine Huforthopädin), tierärztliche Zahnkontrolle, Entwurmungen und Impfungen
- Im Frühjahr und Sommer ggf. scheren, durch das dicke Fell schwitzen die Pferde bei jeder noch so kleinen Bewegung, was wiederum schnell zu Kreislauproblemen führen kann
- Trockene Einstreu bei erhöhter Urinausscheidung durch das viele Trinken
- Angepasste Bewegung, nicht jedes Pferd ist gleich
Zur Fütterung:
- Bei der Fütterung muss der Ernährungszustand des erkrankten Pferdes berücksichtigt werden! Manche Pferde sind zu dick, während andere schnell abnehmen untergewichtig werden. Je nachdem muss die Futterration angepasst werden.
- Gezielte Energie- und Proteinversorgung
Dabei sollten Kohlenhydrate mit hoher Glukose- und Insulinreaktion (z. B. Hafer, Mais) vermieden werden. - Rohfaserreich
- Bedarfsgerecht Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien
(v.a. Vitamin E und C)
Vor 3 Jahren wusste ich nicht worauf ich mich da einlasse, dieser Weg war alles andere als einfach mit vielen Höhen und Tiefen, uns wurden immer wieder neue Steine in den Weg gelegt…
Jemand hat einmal zu mir gesagt: „Legt man Dir Steine in den Weg, entscheidest du selbst, was du daraus machst: Mauern oder Brücken.“
Wir haben uns eine Brücke gebaut… Die Brücke zu unserem Glück.
Vielen Dank an Jasmin und ihren Winne für ihren tollen Gastbeitrag zu einer Krankheit, über die leider immernoch so viele merkwürdige Gerüchte kursieren. Ich finde es bewundernswert wie Jasmin sich dem süßen Winne angenommen hat, obwohl sie ihn erst so kurz kannte. Mittlerweile sind sie ein unzertrennliches Team und ein wundervolles Beispiel dafür, wie sehr es sich lohnt für ein Pferd zu kämpfen. Danke!
[…] hat in einem Blogbeitrag ausführlich über die Krankheit und ihren Weg mit Winne […]
Leider denken tatsaechlich alle, inklusive Tieraertzte dass diese Krankheit nicht behandelt werden kann….
Das kann sie doch!
Ich habe selber ein Pferd das genesen ist und kenne auch andere Pferden. Prascend geht nicht an die Ursache des Tumors, sonder reagiert nur auf die Symptomen des Krankheits.
Hoffentlich wird dass mahl einestages eingesehen…