Ist mein Pferd wirklich gerade gerichtet?

Das Thema „natürliche Schiefe“ und „Geraderichten“ ist den meisten Reiter hoffentlich geläufig, doch wie genau erkenne ich eigentlich ein schiefes Pferd unter mir? Diese 6 Übungen verraten es dir und geben dir gleichzeitig Aufschluss über die möglichen Ursachen.

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Übung 1

Zuerst sollte man sein Pferd immer am Boden betrachten und dabei das eigene Auge schulen. In diesem Beitrag habe ich bereits schon mal ausführlich darüber geschrieben, wie man  anhand von Fotos eine Schiefe des Pferdes besonders gut erkennen kann.  Stellt man sich erhöht hinter sein Pferd und betrachtet seine Schultern, so sollten diese gleich hoch sein und nicht eine tiefer abgesackt. Auch sollten die Schultern gleichmäßig bemuskelt und damit auch gleich breit sein, ansonsten spricht es für eine deutliche Überlastung und damit Schiefe des Pferdes.

Übung 2

Zusätzlich richten wir unser Augenmerk nun auf unser Pferd in Bewegung. Am besten lässt man sich dazu das Pferd von einem Helfer auf festem Boden vorführen. Wenn das Pferd von einem weg läuft, sollte sich die Kruppe des Pferdes im Wechsel gleichmäßig zu beiden Seiten hin absenken und anheben. Sollten hier Ungleichmäßigkeiten zu sehen sein, kann das ein deutliches Zeichen für eine Schiefe sein. Diese kann nicht nur muskulär durch falsches oder fehlendes Training entstehen, sondern auch ein Sturz oder Festliegen können zu einer ernsthaften Blockade geführt haben. Hierzu sollte unbedingt ein Tierarzt oder im Anschluss auch ein Physiotherapeut oder ähnliches befragt werden!

Zudem kann gut beobachtet werden, ob das Pferd mit den Hinterhufen in gerader Linie zu den Vorderhufen die Beine nach vorne führt und schließlich auffußt. Bei einer ausgeprägten Schiefe fußt ein Hinterbein oftmals am Schwerpunkt außen vorbei, während die diagonal gegenüber liegende Schulter gleichzeitig zu viel Last trägt. Lass dir im im Anschluss das Pferd auch nochmals im Trab und auf einem leichten Kreisbogen von dir weg und auf dich zu vorführen. Hierbei wird die Schiefe dann besonders deutlich zu sehen.

Übung 3

Danach wird das Pferd von der Seite begutachtet, indem der Helfer es im Schritt und Trab an einem vorbei führt. Hierbei sollte neben dem Gesamteindruck vor allem auch das Untertreten und Vorschwingen der Hinterbeine beobachtet werden. Fußen sie beide gleich weit vor? Oder tritt ein Bein kürzer? Das kann für eine Verletzung im jeweiligen Bein sprechen oder ebenfalls Ausdruck der gesamten Schiefe des Pferdekörpers sein.

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Übung 4

Weiter geht es nun vom Pferd aus. Ich setze mich dazu am liebsten auf den blanken Pferderücken oder nutze ein Reitpad. Dadurch spürt man in meinen Augen viel mehr als mit Sattel. Am besten schließt du hierzu die Augen und konzentrierst dich nur auf dein Gefühl. Man kann das Abfußen der Hinterbeine deutlich fühlen und dabei beobachten, wie gleichmäßig beide Hinterbeine arbeiten. Merkst du eine Seite viel deutlicher oder sind die Abstände unterschiedlich? Der Takt spielt hierbei auch eine ganz entscheidende Rolle. Wer kann, macht die gleiche Übung im Anschluss auch noch im Trab.

Achte dabei auch auf dein eigenes Gleichgewicht und den Druck auf deinen Gesäßknochen. Sitzt du gerade auf dem Pferd und hast demnach eine gleichmäßige Belastung auf beiden Gesäßknochen? Oder schiebt dein Pferd sich vielleicht immer wieder auf eine Seite und du rutscht dadurch zur Seite oder knickst in der Hüfte ein? Hierbei sollte beachtet werden, dass natürlich für solche Fehler auch ein schiefer Reiter verantwortlich sein kann! Da lohnt sich dann der eigene Besuch bei einem guten Physiotherapeuten.

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Übung 5

Reite schließlich auf dem dritten bis vierten Hufschlag. Zuerst nur im Schritt und lass die Zügel aus der Hand kauen. Wie reagiert dein Pferd? Kommt es immer weiter hinein und der Abstand zum Hufschlag wird dadurch immer größer? Oder aber drängelt es bei der kleinsten Gelegenheit mit der Schulter oder Hinterhand nach draußen? Die allermeisten Pferde haben eine händige Seite und laufen somit lieber in die eine Richtung gebogen, als in die andere. Daraus ergibt sich die natürliche Schiefe und selbst bei sehr gutem Training ist das Ziel nur, dass beide Seiten nahezu gleich trainiert und geschmeidig sind, eine komplette Aufhebung der Händigkeit ist kaum möglich und muss auch nicht das Ziel sein. Trotzdem sollte das Pferd aber unter dem Reiter und bei der gemeinsamen Arbeit möglichst gerade gerichtet werden und sich zwischen den Hilfen einrahmen lassen.

Driftet dein Pferd nun also auf einer Seite deutlich zum äußeren Hufschlag hinaus, stellt sich als nächstes die Frage, ob es mit dem äußeren Zügel und Schenkel so eingerahmt wird, dass es nun ohne Druck gerade laufen kann. Dasselbe gilt auch für ein Pferd, das nach innen fällt. Wenn es auf die Unterstützung des Reiters nicht entsprechend reagieren kann, sollte neben einem Tierarzt, der mögliche körperliche Leiden ausschließt, ein guter Trainer zur Hilfe geholt werden. Die Lösung kann nicht sein, dass immer mehr Druck oder Hilfsmittel wie Sporen oder ähnliches zum einfachen geradeaus Reiten nötig sind! Die Übung kann nun auch noch im Trab getestet werden, durch das höhere Tempo kommen hierbei oftmals noch deutlichere Ergebnisse.

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Übung 6

Zum Abschluss empfiehlt sich noch folgende Übung:

Immer noch auf dem dritten bis vierten Hufschlag geritten, wird das Pferd nun angehalten. Zuerst nur aus dem Schritt, im Anschluss dann auch aus dem Trab. Weicht dein Pferd dabei zu einer Seite hin aus? Ist es immer die gleiche Seite oder zum Beispiel auf beiden Händen nach innen? Das kann für die Schiefe des Pferdes sprechen oder auch für sein starkes Anlehnungsbedürfnis an eine äußere Begrenzung. In diesem Fall sollten die reiterlichen Hilfen präziser diese unterstützende Aufgabe einnehmen, damit das Pferd die gesuchte Anlehnung nicht erst an der Bande bekommt.

Bei vielen Pferden muss man etwas genauer hin fühlen. Sie stellen beim Anhalten oftmals nur ein Hinterbein weiter unter ihren Schwerpunkt oder aber nach hinten heraus, anstatt richtig geschlossen zu stehen. Auch das kann ein Zeichen für die Schiefe sein, da das Hinterbein somit nicht im Schwerpunkt steht und dadurch auch keine Last aufnimmt. Die diagonale Schulter muss diese Last dadurch zusätzlich tragen und das Pferd hängt auf dieser Schulter.

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Diese Übungen können sowohl zur Bestandsaufnahme der Schiefe beim eigenen Pferd gemacht werden, als auch in regelmäßigen Abständen zur Überprüfung des Trainings. Allerdings sollte dabei immer beachtet werden, dass auch viele andere Faktoren einen deutlichen Einfluss haben können. An erster Stelle natürlich der Reiter selbst, wenn er schief sitzt oder ungleichmäßige Hilfen gibt, muss das Pferd zwangsläufig ebenfalls schief reagieren und den Reiter zum Teil sogar noch ausgleichen.

Einen super Beitrag zum Reiten aus der Körpermitte findest du bei den Pferdefreunden.

Auch können eine Verletzung, schlechte Zähne oder Muskelkater beim Pferd zu einer beschriebenen Schiefe führen und sollten unbedingt abgeklärt werden. Nicht zuletzt hat die benutzte Ausrüstung einen großen Einfluss. Ein unpassender und dadurch drückender Sattel oder ein ungeeignetes oder unpassendes Gebiss können zum Beispiel zu Schmerzen und damit zum oben beschriebenen Verhalten führen.

Mehr zum Thema Pferdezähne und passendem Sattel findest du in diesen tollen Beiträgen.

Sollten eine oder mehrere dieser Übungen deutlich gemacht haben, dass dein Pferd noch sehr mit seiner Schiefe zu kämpfen hat, rate ich in erster Linie zu einem guten Trainer. Vor Ort kann genau abgestimmt auf eure Probleme ein geeignetes Training stattfinden und unterstützen. Oftmals sind die Seitengänge eine gute Möglichkeit, um das Pferd gerade zu richten und eine gleichmäßige Muskulatur zu fördern.

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Wenn dein Pferd all diese Übungen mit Bravur und gerade gemeistert hat, darfst du dich freuen! Ihr seid offensichtlich auf einem sehr guten Weg! Aber Achtung: das Geraderichten ist nie beendet, es ist ein dauerhafter Prozess, der immer Teil des Trainings sein sollte. Besonders bei anspruchsvollen Lektionen, die viel Kraft vom Pferd verlangen, kann die Schiefe einem wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Die Pferde nehmen dann nicht gleichmäßig Last auf und setzen ein Hinterbein kürzer oder am Schwerpunkt vorbei. Hier heißt es dann mit Ruhe und Geduld wieder einige Schritte zurück zur Basisarbeit gehen und das Pferd langsam an diese Aufgaben und Lektionen heranführen.

Einen weiteren interessanten Beitrag zur Auswirkung der Schiefe auf die Psyche des Pferdes und dem Einfluss eines Kastrationstraumas findest du bei den Pferdefreunden.

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