Ein Pferd aus Amerika

Gastbeitrag von Céline Kaiser:

“Ein Pferd aus Amerika“ – bei diesen Worten denken viele vielleicht an die endlose Weite der Prärie, den wilden Westen, an Cowboys und wilde Mustangs. Oder aber auch an einen unverhältnismäßig großen Aufwand, Papierkram, viel Geld für den Besitzer und Stress für das Pferd.

Für manche ist es ein lang ersehnter Traum, für andere einfach nur unverständlich, gilt Deutschland doch traditionell als Pferdenation.

Für mich war es weder das eine noch das andere, da ich niemals den Plan hatte, mir ein Pferd zu kaufen – erst recht nicht aus Amerika. Folglich habe ich also auch nie nach einem Pferd gesucht. Wieso ich heute doch einen “wilden Mustang aus Amerika” besitze, war also eher eine günstige Fügung des Schicksals bzw. schlichtweg Zufall.

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Foto: Céline und Diego in Amerika

Nachdem ich jedoch den sehr naiven Entschluss gefasst hatte, einen rohen Mustang zu kaufen, ging es los mit der Recherche nach Transportunternehmen, die Pferde von Amerika nach Deutschland fliegen. Davon gibt es heutzutage auf jeden Fall einige, die weltweit Pferde von A nach B fliegen. Oftmals bekam ich jedoch als Antwort, dass es so kurzfrisitig wie ich das geplant hatte nicht möglich sei, und außerdem keine Wildpferde geflogen werden, sondern aus Sicherheitsgründen nur domestizierte Pferde fliegen dürfen (verständlicherweise). Es war doch um einiges komplizierter als ich mir das damals ausgemalt hatte.

Eine Vorstellung über die Kosten, die da auf mich zukommen werden, waren alle Unternehmen bereit mir zu nennen. Der Kostenpunkt variiert und ist abhängig von einigen Faktoren, die immer individuell sind. So wie die Preise für ein Flugticket in ein bestimmtes Reiseziel sich täglich ändern, so ändern sich auch die Kosten für den Pferdetransport. Ein wichtiger Faktor ist neben Rasse, Geschlecht etc. unter anderem der Kaufpreis des Pferdes, sprich der Wert des Pferdes, um für die EU die Steuern (VAT taxes) berechnen zu können. Neben Steuern und Versicherungen können auch Abflugs- und Ankunftsort eine Rolle spielen. Es ist also schwierig eine Zahl zu nennen. Nach oben ist natürlich alles offen, allerdings kommen mind. 5.000$ + auf einen zu. Nach unzähligen Stunden vor dem Laptop und vielen Anfragen und E-Mails hatte ich ein Unternehmen gefunden bei dem ich ein sehr gutes Gefühl hatte. Viele Formulare musste ich ausfüllen, einige Telefonate führen, Dokumente besorgen…

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Foto: Diego in der Quarantänestation in Amerika

Als alles soweit organisiert war und die 4 Wochen Quarantäne abgeschlossen waren, ging es los. Mein Pferd flog mit acht anderen Pferden, die er alle schon von der Quarantäne kannte.

Die Container, in denen die Pferde standen, sahen aus wie ein sehr breiter 2er Pferdeanhänger mit drei Trennwänden drin. Die Pferde wurden von einem Flugbegleiter der Airline sowie einem groom (Pferdepfleger) des Unternehmens begleitet, Heu in Heunetzen und Wasser stand also die komplette Zeit über zur Verfügung.

Angekommen in Europa ging es in einen Stall, der dort mit dem Unternehmen kooperiert, wo sich die Pferde ausruhen konnten. Nach der Pause reisten dann alle acht gemeinsam mit dem Hänger los in ihr zukünftiges neues zu Hause. Mein Mustang Diego wurde als erstes rausgelassen. Spät am Abend kam er an, ich weiß es noch genau. Er war super entspannt und hat erstmal nur sein Heu gefressen.

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Foto: Diego kurz vor dem Abflug in Amerika

Ich war überglücklich ihn endlich bei mir zu haben, nach all den Strapatzen in den letzten Monaten. Bedenken, diese Reise meinem Pferd anzutun, hatte ich auf jeden Fall. Ist es das wert und würde ich das wieder so machen?

Ich denke, dass Fliegen für Pferde enorm stressig ist. Allerdings denke ich auch, dass lange Hängerfahrten ebenso stressig sein können, beispielsweise wenn man seinen PRE aus Madrid oder seinen Berber aus Marokko holt. Vergleicht man einmal die Autofahrt, wie sie jedes Jahr beispielsweise viele spanische Pferde nach Deutschland bestreiten und den Flug von Amerika nach Europa, so brauchen die Spanier meist zwischen 2 und 3 Tagen (mit pflichtmäßigen Pausen für den Fahrer und einer Übernachtung) – während der Flug nach ca. 10 Stunden vorbei ist.

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Foto: Diego sicher angekommen in seinem Stall in Deutschland

Auch unter “Quarantäne Station” – was sich für mich immer nach einem kleinen Käfig angehört hat – versteht man einen normalen Stall mit Wiesen und Paddocks. Mit dem Unterschied, dass dort auch Blutproben sowie Gesundheitstests durchgeführt werden dürfen.

Vielfach wird angenommen, dass Pferde beim Fliegen sediert werden. Beim Fliegen wird normalerweise kein Pferd sediert oder ruhig gestellt – beim Hänger fahren schließlich auch nicht, obwohl es auf Autofahrten im Hänger ständig zu Erschütterungen, Kurven, Lärm durch überholende Fahrzeuge, Geschwindigkeitsunterschiede etc. kommt, während der Flug im Vergleich dazu doch sehr gleichmäßig und ruhig ist.

Fliegen ist auf jeden Fall deutlich aufwendiger vom Organisatorischen her und zeitintensiver als eine Hängerfahrt, wenn man die Quarantäne und das Drumherum mitberechnet. Man sollte sich dem großen Aufwand den ein Flug mit sich bringt bewusst sein und ihn nicht unterschätzen. Der Weg vom Stall in die Quarantäne Station, von dort zum Flughafen, vom Ankunftsflughafen in die Box, von dort nach Hause, das alles will geplant sein. Aber es gibt ein Sprichwort das heißt, Freundschaft kennt keine Entfernung. So ist es wohl bei uns gewesen, daher würde ich es immer wieder so machen.

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Foto: Céline und Diego in Deutschland

Vielen Dank Céline und Diego für diesen tollen Gastbeitrag. Für mich war es immer “unvorstellbar” ein Pferd extra einfliegen zu lassen, dank diesem ehrlichen Bericht sehe ich die Sache nun etwas anders. Da sich die beiden bereits in Amerika kennen gelernt haben und ich sie hier in Deutschland mittlerweile persönlich kennen lernen durfte, kann ich gut verstehen, wieso der schicke Mustang hierher geflogen ist. Sie sind ein tolles Team und er hätte es nicht besser treffen können!

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