10 Jahre Merlin

Merlins Vorgeschichte und seinen Weg zu mir habe ich euch bereits so ausführlich wie möglich erzählt. Mittlerweile sind 10 Jahre vergangen. 10 Jahre in denen wir unglaublich viel zusammen erlebt und gelernt haben. Davon möchte ich euch nun mit 10 Bildern erzählen:

2005

2005

Am 05.11.2005 habe ich damals den Kaufvertrag in Dänemark unterschrieben und Merlin zu mir geholt. Es begann eine spannende Zeit für uns beide. Er zog bei mir in einen kleinen Selbstversorger-Stall und stand zusammen mit einer kleinen Shetty-Stute tagsüber auf der Matschkoppel und nachts in einer Außenbox. Es gab kein Wasser und Strom im Stall und leider auch immer wieder Probleme mit dem Rauhfutter und der Versorgung der Pferde.

Merlin kannte keinen Platz oder Halle, oder aber er hat dort schlechte Erfahrungen gemacht. In der Anfangszeit waren wir sehr viel spazieren und haben uns an Bodenarbeit versucht. Ich wollte erstmal einen Draht zu ihm bekommen. Die ersten Male in der Halle endeten recht schnell mit einem panischen Pony, das entweder umgehend rückwärts aus der Tür rausgerannt oder gegen die Wand gesprungen ist. Er bekam keine Kurve im Freilauf und konnte sich überhaupt nicht ausbalancieren.

Der damals mitgekaufte Sattel passte ihm mittlerweile nicht mehr und wir verzichteten anfangs einige Monate aufs Reiten. Er war ja nicht ohne Grund verkauft worden und ich wollte ihm Zeit geben anzukommen und Vertrauen aufzubauen. Bereits nach wenigen Tagen folgte er mir überall hin. Laubrascheln fand er anfangs zum Beispiel sehr gruselig. Langsam gewöhnten wir ihn an das Laufen in der Halle, egal ob bei der Bodenarbeit, im Freilauf oder später auch beim Freispringen.

Es war ein weiter Weg, aber es wurde von Tag zu Tag besser. Der Reitplatz in diesem Stall war damals zum Glück sehr groß, da fiel es ihm dann später deutlich einfacher.

 

2006

2006ja

Im Frühling 2006 merkte man bereits einen deutlichen Unterschied. Er war ein ganz kooperatives und freundliches Pony und für jeden Blödsinn zu haben – am Boden. Ich war zu der Zeit 16 Jahre alt und langsam drängte sich der Gedanke auf, dass es schon cooler wäre das eigene Pferd auch zu reiten. Gesagt, getan. Sehr spontan setzte ich mich irgendwann nach einer Bodenarbeitseinheit auf seinen Rücken und wir ritten eine entspannte Runde ohne Sattel durchs Gelände. Die Waldrunde kannte er durch unsere zahlreichen Spaziergänge schon sehr gut.

So arbeiteten wir uns langsam fort. Da wir keinen passenden Sattel für ihn hatten, ritten wir einige Zeit nur mit einem dicken Westernpad aus. Später versuchten wir uns so auch auf Halle und Platz. Die Lenkung funktionierte mittlerweile soweit, aber das Pony war nach wie vor sehr schief und unausbalanciert.

Einen Sprung machten wir dann, als ich endlich einen passenden Sattel für ihn kaufen konnte. Wir konnten nun Leichttraben und insgesamt besser mit ihm unterm Reiter arbeiten. Vieles klappte erstaunlich gut nach der langen Pause. Die Marotten aus seiner Zeit als Touristenpferd waren (zum Glück) komplett verschwunden, bis auf das Durchgehen, wenn andere Pferde neben ihm galoppierten. Außerdem trat er recht schnell aus, wenn er von hinten Druck gemacht bekam. Das ist auch bis heute so geblieben.

Im Herbst 2006 wechselten wir den Stall, da wir nicht noch einen Winter so verbringen wollten. Es ging zu Fuß in den Nachbarstall. In eine kleine, dunkle Innenbox. Rückblickend das schlimmste was wir Merlin angetan haben.

 

2007

2007

Im neuen Stall ging es aus damaliger Sicht flott bergauf für uns. Aus heutiger Sicht war es eine Katastrophe. Ich versuchte ein schickes Reitpferd aus Merlin zu machen, ganz so wie die anderen Turnierpferde im Stall. Er machte sicherlich große Fortschritte was seine allgemeine Rittigkeit auf Platz und Halle anging und wir ritten nach wie vor viel und lange aus.

Allerdings merkte man nun auch immer mehr, dass er wohl nie eine solide Grundausbildung genossen hatte und danach viele Jahre im Gelände so laufen konnte, wie er wollte. Sein Rücken war bretthart, da kam nichts hoch und geschwungen ist da schon mal überhaupt nichts. Er war sehr abgestumpft im Maul und wir versuchten ein scharfes Gebiss nach dem anderen. Zudem konnte er nur Rechtsgalopp gehen, egal ob im Freilauf oder unter dem Sattel und an Longieren war gar nicht zu denken, er schleifte einen einfach quer durch die Halle oder über den Platz. Mit Vorliebe wickelte er sich dabei auch noch selbst in die Longe ein.

Etwas überfordert suchte ich nach einem Reitlehrer für uns. Zweimal griffen wir richtig ins Klo und das Pony weigerte sich danach den Reitplatz zu betreten oder aber war vor Stress schon nach zwei Minuten klatsch nass geschwitzt. So wollte ich nicht mit ihm arbeiten und es machte uns beide sehr unglücklich.

Im dritten Anlauf fand ich dann meine Reitlehrerin, die uns bis heute begleitet und unterstützt. Mit ihr kam die große Wende in meine Reiterei und die Arbeit mit Merlin.

 

2008

Wir fingen ganz von vorne an mit ganz viel Schrittarbeit und Geraderichten. Das Pony lernte zum ersten Mal in seinem Leben Seitengänge und ich lernte richtig zu sitzen und vor allem zu fühlen.

In diesem Jahr unternahmen wir auch einige aufregende Sachen. Wir ritten als einzigstesPferd den Kerbeumzug mit, unternahmen ein paar Tagesritte und waren der St. Martin im Nachbarort. Er wurde zum absoluten Verlasspferd in allen Lebenslagen. Laute Musik, riesiges Feuer, stundenlang mit mir alleine in unbekanntem Gelände, das alles war überhaupt kein Problem mehr für uns.

Nach wie vor arbeitete ich viel vom Boden aus mit ihm, er lernte viele seiner Zirkuslektionen in dieser Zeit. Wenn ihm etwas gruselig erschien, stieg ich ab und wir schauten es uns zusammen an. So hatte ich ihn immer bei mir undnie wieder ein kopfloses Pferd. Auf dieser Basis fingen wir an im Gelände mit anderen Pferden zu üben. Ich wollte ihn auch dabei immer vollkommen bei mir und unter Kontrolle haben. Es zahlte sich aus! Seitdem können wir im Schritt weiterreiten, wenn andere weggaloppieren oder entspannt nebeneinander galoppieren. Zwei Mal ging er in dieser Zeit noch durch. Seitdem wir konsequent daran gearbeitet haben, gab es nie wieder ein Problem in dieser Form.

 

2009

Es ging langsam voran beim Reiten. Er ließ sich biegen und stellen, kaute ab und seine Hinterhand und Schulter wurden auch von oben kontrollierbar für mich. So zauberten wir schließlich die ersten Linksgaloppe aus dem Pony heraus. Von nun an ging es wirklich stetig bergauf mit dem Dressurfjord. Man konnte langsam wirklich mit ihm arbeiten und war nicht nur damit beschäftigt Schadensbegrenzung auf ihm zu betreiben.

Da er sich mittlerweile in allen Bereichen doch so ins Positive entwickelt hatte, fuchste mich unsere letzte Schwachstelle zunehmend mehr. Das Longieren. Also fingen wir an auch daran zu arbeiten. Erstmal ging es nur um eine Basis und da war vor allem Grunderziehung gefragt. Langsam arbeiteten wir uns vor und ich musste so manchen Rückschlag einstecken, bei dem ich wieder im hohem Bogen über den Platz flog. Aber diese Vorfälle wurden seltener und wir konnten endlich anfangen auch dort zusammen zu arbeiten.

Im Herbst 2009 zogen wir nochmals um. Da ich mittlerweile einen Führerschein und ein Auto hatte, konnten wir uns etwas weitläufiger umsehen und fanden einen Stall in dem die Pferde den Sommer über als große Herde auf riesigen Koppeln raus kamen und im Winter wenigsten vier Stunden in der Gruppe auf den Paddock. Dort stand er in einer Außenbox. Hier mussten wir nicht mehr selbst misten und waren auch für Raus- und Reinstellen nicht mehr komplett selbst verantwortlich, so dass er endlich zuverlässig jeden Tag raus kam.

 

2010

Dank der neuen Herde wurde Merlin nochmal um einiges ausgeglichener. Wir arbeiteten weiter unterm Sattel und an der Longe. Dank einem Round Pen im neuen Stall löste sich unser Longenproblem recht schnell in Luft auf und wir konnten mit der Doppellongenarbeit beginnen.

Zudem trainierten wir fleißig für unseren ersten richtigen Wanderritt, den wir dann im August 2010 im Odenwald mitritten.

 

2011

2011

In diesem Jahr machten wir nochmal deutliche Fortschritte in der Dressur, zumindest für uns. Es galt keine großen Probleme mehr anzugehen, sondern wir konnten wirklich reiten und zusammen arbeiten. Ich nahm ganz regelmäßig Reitunterricht und wir kitzelten erste Traversalen und Piaffetritte aus dem Pony heraus. Es machte mittlerweile einfach wirklich Spaß mit ihm in der Halle oder auf dem Platz.

Das Gelände kam dabei aber nie zu kurz. Meine Reitbeteiligung, die uns schon vom Kauf an begleitet, ist passionierte Geländereiterin und auch mich zieht es ganz regelmäßig hinaus. Es ist für mich immer noch die schönste Art mit seinem Pferd zusammen Zeit zu verbringen.

Dank meiner Reitlehrerin haben aber sowohl Merlin, als auch ich, wirklich viel Freunde an der Dressurarbeit bekommen. Wohl dosiert, aber doch regelmäßig. Das ist bis heute so geblieben.

 

2012

2012

Auch in diesem Jahr unternahmen wir viele tolle Sachen. Zum Beispiel nahmen wir an einer geführten Gelassenheitsprüfung teil. Zum Winter hin baute Merlin deutlich ab, was mir große Sorgen bereitete. Schließlich war er mittlerweile auch schon 16 Jahre alt und man fragte mich im Stall manches Mal, wie lang ich das arme alte Pferd wohl noch reiten wollte?

Ich stellte viel in Frage und wurde zunehmen unglücklicher mit der Gesamtsituation. Zu dieser Zeit wurde ich auch fertig mit meiner Ausbildung zur Tierheilpraktikerin und die Haltung gefiel mir zunehmend schlechter.

 

2013

2013

Das Jahr in dem Faxe zu uns kam. Es war auch für Merlin eine spannende Zeit. Er steht gerne im Mittelpunkt und musste die Aufmerksamkeit nun mit Faxe teilen. Die beiden verstanden sich zum Glück von Anfang an gut miteinander, sahen sich allerdings nur, wenn ich sie unter meiner Aufsicht zusammen in die Halle oder den Round Pen stellte. Faxes Stall war nicht in Sichtweite von Merlins Box.

Wir übten uns im Handpferdereiten und Bodenarbeit mit beiden Ponys gleichzeitig. Von nun an unternahmen wir viele Geländeritte zu dritt, was Merlin glaube ich dann doch gar nicht so übel fand. Mit einem Freund an seiner Seite macht es doch einfach noch mehr Spaß.

Zum Winter hin wurde die Situation wieder schlechter. Nach der Koppelsaison kam er wieder nur noch vier Stunden am Tag auf den sehr vermatschten Paddock. Viele Pferde hatten mit Mauke zu kämpfen, wir blieben zwar zum Glück verschont, aber die wenige Bewegung bekam ihm einfach nicht.

Ich überlegte viel hin und her und suchte nach einer besseren Lösung für ihn. Am liebsten zusammen mit Faxe natürlich. Den Winter über bekam ich die Möglichkeit Merlin zusammen mit seinem Boxennachbarn tagsüber zu einer Freundin auf die  eigene Koppel zu stellen. Mit dieser Lösung ging es ihm deutlich besser. Er hatte frische Luft, deutlich mehr Bewegung und ihm wurde dort Heu zugefüttert.

 

2014

2014

2014 zogen wir schließlich komplett um. Erst ich privat und einen Monat später die Ponys hinterher. Meine Freundin hatte mittlerweile einen Stall selbst gebaut und wir durften dort mit hinziehen. Die Ponys standen nun direkt neben unserem Garten und hatten dort einen großen Offenstall mit direkt angrenzender Koppel. Merlin, sein ehemaliger Boxennachbar (das Pferd der Freundin) und Faxe lebten dort zu dritt.

Merlin blühte durch die neue Haltung deutlich auf. Er war bisher immer ein Pferd gewesen, das sich nicht gerne anfassen ließ, schon gar nicht am Kopf. Er mochte Menschen, aber war nie groß auf einen engeren Kontakt aus gewesen. Seitdem er frei wählen konnte, wie viel er sich bewegte und wann er was fressen mochte, änderte sich das. Er wurde viel offener. Sobald Menschen kamen, ging er zu ihnen und folgte ihnen überall hin. Er ist viel neugieriger geworden und anhänglicher. Früher kam er nie, wenn er auf der Koppel stand und man ihn holen wollte. Nun lief er einem mit flotten Schritten entgegen.

Reiterlich wurde es allerdings schwieriger für uns. Zwar konnten wir bei trockenem Wetter auf der Koppel reiten, diese war aber uneben und durch die Bäume nur eingeschränkt zu nutzen. Der nächste Reitplatz und Halle waren zu Pferd 30 Minuten entfernt. Manchmal wurden wir auch mit dem Hänger mitgenommen. Wenn wir auf dem Platz gearbeitet haben, war es prima, aber es wurde einfach seltener, da es nun mit mehr Aufwand verbunden war.

 

2015

2015

Aus einer privaten Entscheidung heraus zogen die Ponys nochmals um, in ihren heutigen Stall. Die Haltung ist sehr ähnlich geblieben. Sie stehen in einem schönen Offenstall und kommen täglich viele Stunden raus auf Koppel und Paddock.

Direkt am Stall gibt es einen Reitplatz und ich komme so wieder deutlich mehr zum Arbeiten mit ihnen. In diesem Jahr haben wir die Longenarbeit noch mehr für uns entdeckt und darin erhebliche Fortschritte verbuchen können. Ganz ähnlich auch an der Doppellonge.

Reiterlich hat sich in den letzten Jahren nichts überragendes mehr getan, aber das stört mich nicht und Merlin sowieso nicht. Wir halten ihn auf einem vernünftigen Niveau. Er ist ein ganz fein zu reitendes Pony geworden mit einer soliden Basis. Vielleicht überkommt uns irgendwann nochmal der Ehrgeiz und wir kitzeln noch ein wenig mehr aus ihm hinaus. Zurzeit nehme ich wieder ganz regelmäßig Reitunterricht mit ihm, um weiter an unseren Schwachstellen zu arbeiten. Wir haben aber keinen Stress dabei.

Merlin ist nun bald 20 Jahre alt, topfit und gesund. Seine offene, zugewandte Art hat er seit seiner Umstellung in den Offenstall behalten und in Faxe einen wahren Kumpel gefunden. Genau das möchte ich ihm gerne so lange wie möglich noch erhalten können. Dabei bestimmt er, was ihm gut tut und was nicht.

Ein Gedanke zu “10 Jahre Merlin

  1. Liebe Line,
    ein toller Text. Es klingt, als wenn ihr zwei ein wirklich tolles Team seid! Weiter so!
    Übrigens kommt mein Pony auch aus Dänemark. 🙂
    Viele Grüße
    Karo

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